Am Anfang war das Staunen

Vielleicht war es in etwa so: Irgendwo draussen sitzt ein Mann (oder eine Frau …). Er schaut zum Sternenhimmel. Er geniesst, fragt sich: Wie ist das alles entstanden? Es ist so schön!

Vermutlich ist dieser Mann ein Priester, einer jener Wenigen, die damals, ca. 600 v.Chr., lesen und schreiben können. Und er ist ein tiefgründiger Mensch. Schon lange sucht er Antworten auf die grossen Fragen: Woher kommen, wohin gehen wir? Woher kommen die Gesetzmässigkeiten in der Natur? Gibt es einen Sinn in unserem Bemühen?

So sitzt er da, schaut hoch zum Sternenhimmel. Da packt ihn das grosse Staunen und er schreibt: «Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.»

Schöpfung oder Evolution? Bibel oder Biologie? Ein falscher Gegensatz. Für die nüchtern-analytische Betrachtung der Welt sind die Naturwissenschaften da. Der biblische Schöpfungsbericht hingegen ist ein poetisch-ergriffener Bericht des Staunens: Staunen, dass überhaupt eine Welt ist, dass in dieser Welt offenbar Gesetzmässigkeiten herrschen und nicht das wilde Chaos. Staunen, dass es mitten in einem -270 Grad kalten Weltall einen kleinen, blauen Planeten gibt, auf dem Leben möglich ist, dass dieser kleine Erdball mitten in einem unendlichen All in exakt passender Entfernung zu einer Sonne steht, die Licht und Leben ermöglicht. Staunen, dass mitten in einer 13 Milliarden Jahre währenden Weltgeschichte – du stehst, und ich.

Am Anfang steht einer jener Momente, die unser Leben lebenswert machen. Dann folgt der Versuch, diesem Schönen ein Kleid aus Worten zu geben.

Mit diesem Blick verstehen wir, dass es nach jedem Schöpfungstag heisst: «Und Gott sah, dass es gut war.»

Take good care!
Pfr. Harry Ratheiser

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