Auch mal locker lassen

Der greise Apostel Johannes spielte eines Tages mit seinem zahmen Rebhuhn. Da kam ein Jäger zu ihm, der sich über solch niedrigen Zeitvertreib des angesehenen Mannes wunderte. „Wieso gibst du dich mit so einem so geringfügigen Mittel der Ergötzung ab?“, fragte er. Johannes entgegnete: „Warum  trägst du deinen Bogen nicht immer gespannt in der Hand?“ „Das darf man nicht“ erwiderte der Jäger, „denn sonst verlöre er an Spannkraft. Wenn ich dann einen Pfeil abschiessen möchte, hat er keine Kraft mehr.“

Der selige Johannes antwortete: „Junger Mann, du sollst dich auch an der kleinen und kurzen Erholung und Entspannung meines Gemüts nicht stossen. Denn wenn dieses sich nicht zuweilen eine solche Entspannung gönnt und seine strenge Anspannung etwas lockert, dann wird es durch die unablässige Anstrengung matt und kann der Kraft des Geistes nicht mehr Folge leisten, wo es die Notwendigkeit erfordert.“

Johannes Cassian, Theologe, Priester, Klostergründer, gestorben um 435 in Marseille

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