Dankbare Seele – Schöne Seele

In Goethes Faust hat «Frau Sorge» einen Auftritt. Hinterlistig sagt sie: «Wen ich einmal mir besitze, dem ist alle Welt nichts nütze. … Halber Schlaf und schlecht Erquicken heftet ihn an seine Stelle und bereitet ihn zur Hölle.» Eine sorgenvolle Seele ist eine arme Seele. Sie läuft Gefahr, aus dem Blick und dem Denken zu verlieren, was Gott oder das Leben uns mit täglichen Kleinigkeiten Gutes tut.

Einer undankbaren Seele geht es ähnlich. Vielleicht könnte man sogar sagen: Eine undankbare Seele ist eine unzufriedene Seele. Sie ist blitzschnell im Erkennen von kleinen Fehlern und Mängeln: Die Post kommt zu spät, der Nachbar ist zu laut, das Wetter zu kalt oder zu heiss.

Eine dankbare Seele hingegen ist eine schöne Seele. Sie sieht und freut sich über Kleinigkeiten. Sie hat ein helles Gesicht. Bei ihr fühlen wir uns wohl. Bei ihr können wir durchatmen. Sie weiss: Nicht der Glückliche ist dankbar, sondern der Dankbare ist glücklich.

Das Leben ist nicht nur «Hurra!» und wunderschön, aber es ist auch nicht nur mühsam und anstrengend. Zwischen einer rosaroten Brille und schwarzsehen ist viel Platz. Vielleicht ist es unsere Dankbarkeit, die uns hilft, einen guten Weg zwischen diesen beiden Extremen zu finden.

Take good care!
Pfr. Harald Ratheiser

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