Das grosse “Alles-ist-gut”

Kolumne zum Advent von Pfarrerin Sabine Gäumann im “Felix” vom 16. Dezember 2022

«Und es war alles, alles gut»- mit diesem schönen Satz schliesst eine Novelle von Josef von Eichendorff. Der Satz wäre aber auch eine gute Beschreibung unserer Weihnachtssehnsüchte, finde ich. Denn so endet doch gefühlt jeder zweite der vielen Weihnachtsfilme: Eine grosse Runde, versammelt um einen Tisch, friedlich und fröhlich. Alle Probleme sind gelöst, alle Konflikte bereinigt. «Und es war alles, alles gut.» Nicht nur im Film, auch in der Realität wird einiges unternommen, damit sich diese Weihnachtssehnsucht erfüllt: Dekoriert, gekocht, geschenkt und sich bemüht, Spannungen am Heiligabend zu vermeiden. Verlogen finden das manche, kitschiges Weihnachtstheater, das mit der Realität nichts zu tun habe. Und mit der christlichen Weihnachtsbotschaft schon gar nicht.
 
Zumindest was das Letztere angeht, irren sich die Kritiker und Kritikerinnen. Denn die biblischen Weihnachtsgeschichten im Lukas- und Matthäusevangelium erzählen genau davon: Von einem Moment des «Alles ist gut» mitten in Konflikten und Problemen. Maria und Josef landen im Stall statt in der Herberge. Die Weisen kommen direkt von Herodes, der dem Kind an den Kragen will. Und der Alltag der Hirten besteht aus einem harten und wenig angesehenen Job. Aber inmitten all dieser Schwierigkeiten die Krippenszene: Ganz verschiedene Menschen friedlich vereint um das Kind. Dazu kostbare Geschenke und himmlische Musik und Beleuchtung.
 
Mit all unseren Bemühungen um ein schönes Weihnachtsfest inszenieren wir sozusagen diese Situation neu. Oder wir versuchen es zumindest. Bethlehem im Wohnzimmer sozusagen. Einen wichtigen Unterschied allerdings gibt es: In Bethlehem sind es nicht die Bemühungen der Menschen, auf die es ankommt. Es ist Gott, der das Entscheidende tut. Es ist Gott, der sich ganz auf die Menschen einlässt. Der einer von uns wird im Kind in der Krippe. Und mit seiner Welt und seinen Menschen einen neuen Anfang macht. DerHoffnung weckt, bei denen, die die Botschaft von diesem neuen Anfang hören. Hoffnung, trotz aller Schwierigkeiten, die weiter zu ihrem Leben gehören werden.
 
Vielleicht entdecken wir an diesem Weihnachtsfest (wieder), dass diese Botschaft auch uns gilt. In allem, was schön ist und gelingt, sicher – wenn wir es als Gottes Segen verstehen. Aber auch in dem, was schiefläuft oder schwierig ist. Weil es uns bewusst macht: Wir können Weihnachten nicht machen und wir müssen Weihnachten auch nicht machen. Es ist schon da. Das grosse «Alles-ist-gut» ist Gottes Sache – damals in Bethlehem und noch heute bei uns.
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