Ein ganz neuer Anfang
„Ein gutes neues Jahr!“ So tönt es noch ein paar Tage. Und dann ist es auch gut. Dann haben wir haben uns langsam gewöhnt an das neue Jahr 2022.
Schade eigentlich, denn so ein Neubeginn hat immer etwas. Er rührt etwas in mir an. Er weckt Hoffnung und gibt Schwung – so etwa bis Mitte Januar. Danach bleibt erst mal nur das Januarloch, oder?
Ganz anders haben das die ersten christlichen Mönche gesehen. In der Überlieferung Wüstenväter finde ich nämlich dies: „Abba Pior“, sagte Abba Poimen, „machte an jedem einzelnen Tag einen ganz neuen Anfang.“
Das hat etwas, finde ich, täglich neu anzufangen. Aber kann ich das auch? Meine Erfolge und Enttäuschungen von gestern prägen mich. Meine Routinen und festen Denkmuster wollen mich bestimmen. Woher nehme ich Freiheit, Kraft und Mut, um jeden Tag neu anzufangen?
Klingt schwierig, aber dieser Abba Pior hat es offenbar immer wieder versucht. Er lebte wohl aus tiefem Vertrauen, stelle ich mir vor. Er verliess sich darauf, dass Gott ihm jeden Tag einen neuen Anfang gönnte. Und darin kann er mir ein Vorbild sein. In solchem Vertrauen kann ich auch täglich neu anfangen – oder es zumindest versuchen. Neu glauben, neu denken, neu handeln und singen:
„All Morgen ist ganz frisch und neu des Herren Gnad und grosse Treu. Sie hat kein End den langen Tag. Drauf jeder sich verlassen mag.“ (Reformiertes Gesangbuch 557,1)
Pfrn. Sabine Gäumann