Mal so richtig faul sein
Gott soll faul sein. Das behauptete zumindest Paul Lafargue im späten 19. Jahrhundert: «[D]er bärtige und sauertöpfische Gott gibt seinen Verehrern das erhabenste Beispiel idealer Faulheit: Nach sechs Tagen Arbeit ruht er in alle Ewigkeit aus.»
Dass Lafargue von Christentum und Religion nicht viel hielt, kommt in dieser spöttischen, aber irgendwie auch witzigen Aussage klar rüber. Nicht erstaunlich: Lafargue war Karl Marx’ Schwiegersohn und Sozialist. Er kämpfte für das Recht auf Faulheit und gegen «die rasende, bis zur Erschöpfung der Individuen … gehende Arbeitssucht». Die «kapitalistische Moral» war für ihn «eine jämmerliche Kopie der christlichen Moral, … ihr Ideal besteht darin, [den Arbeiter] … zur Rolle einer Maschine zu verurteilen, aus der man pausenlos und gnadenlos Arbeit herausschindet.» Lafargue hatte den Fabrikarbeiter vor Augen, der zwölf Stunden und mehr pro Tag schuften musste.
Ist Gott faul – zumindest ab und zu? Für meine Generation X ist das eine abwegige Vorstellung. Wir haben gelernt: Sei fleissig, pflichtbewusst, zuverlässig. Und pünktlich natürlich! Faul sein gehört sich nicht. Die Generation Y, spätestens aber die Generation Z stellt die Absolutheit dieser Werte radikal in Frage.
Zur Idee eines faulen Gottes schreibt Lorenz Marti: «Mir wäre ein Gott, der für sich das Recht auf Faulheit in Anspruch nimmt, ganz sympathisch. Wir könnten zusammen faulenzen. Und dabei etwas tratschen über die eifrigen Christenmenschen, welche Leistung und Erfolg als Zeichen eines gottgefälligen Lebens missdeuten.»
Take good care!
Pfr. Harry Ratheiser