nix is‘ fix – nicht mal die Vergangenheit
„Ob es Glück oder Unglück bringt, wenn einem eine schwarze Katze über den Weg läuft, hängt davon ab, ob man ein Mensch oder eine Maus ist.“ Ich finde, Max O’Rell (eigentlich Léon Paul Blouet, franz. Journalist, gest. 1903) hat recht. Es kommt immer auf die Perspektive an. Nix is‘ fix. Nicht einmal die Vergangenheit. Auch nicht, was wir in den letzten 360 Tagen erlebt haben. Die Vergangenheit ist nicht ein starres Irgendwas, das uns damals passiert ist. Wir kreieren uns unsere Vergangenheit. Im Positiven wie im Negativen. Es geht gar nicht anders, wir können nicht nicht interpretieren. Unsere Interpretation dessen, was uns geschehen ist, macht aus der Vergangenheit das, was sie heute für uns ist. Ein wütender Blick zurück gibt der Vergangenheit eine unnötige Schwere. Ein enttäuschter Blick zurück macht aus uns Zukurzgekommene.
„Die Vergangenheit können wir eh nicht ändern“, sagte mal eine Frau im Gespräch. Ich habe widersprochen. Wir schaffen und verändern die Vergangenheit mit unserem Blick auf sie. Dabei hilft zeitliche Distanz. Die Zeit relativiert z.B. unsere Heldentaten. Und auch Versöhnung mit der Vergangenheit braucht oft Zeit. Viel Zeit. Manchmal gelingt sie gar nicht. In der Regel aber hilft uns der Blick aus dem späteren Heute auf das frühere Damals, gelassener zu urteilen. Weil wir aus der Distanz deutlicher sehen und besser verstehen als beim unmittelbaren Erleben.
Wie urteilen wir in zehn Jahren über 2021? Ich welchem Licht wirst du deine, werde ich meine Erlebnisse aus 2021 sehen?
Ich wünsche uns einen milden, grosszügigen Blick auf das endende Jahr, überhaupt auf unsere ganze Vergangenheit. Das schafft Raum für eine entspannte Gegenwart.
Take good care!
Pfr. Harald Ratheiser