Wo chiemte mer hi
Kurt Marti – Pfarrer und wortgewaltiger Schriftsteller. Mit seiner linkspolitischen Haltung setzte er sich heftigen Anfeindungen aus; einer schrieb ihm (1967): „Möchten sie gerne in einem sibirischen oder chinesischen Zwangsarbeitslager verrecken?“ Seine Texte fand auch nicht jeder toll (1969): „Blöd isch de Marti / Und er isch Pfarrer / Blöd isch de Pfarrer / S’isch halt de Marti“.
Tatsächlich enthüllen seine Gedichte manchmal erst beim zweiten Lesen ihre Wucht. Urteile selbst, ob z.B. die folgenden Zeilen – sie gehören zu seinen berühmten – blöd oder nicht doch eher entwaffnend genial sind (aus: Rosa Loui, 1967):
wo chiemte mer hi
wenn alli seite
wo chiemte mer hi
und niemer giengti
für einisch z’luege
wohi dass me chiem
we me gieng
Für alle, die berndeutsch nicht verstehen, versuche ich hier eine Übersetzung:
wo kämen wir hin
würden alle sagen
wo kämen wir hin
und niemand ginge
um einmal zu schauen
wohin man käme
wenn man ginge
Take good care!
Pfr. Harald Ratheiser