Gegenwind
Nach der Werbung für die Kirche im letzten «Wort zum Tag» muss ich auch die andere Seite der Medaille ansprechen: Warum ist die Kirche heute so viel Gegenwind ausgesetzt?
Im Buch «Heller Weg, Donezk» beschreibt der Autor seine über 900 Tage in einem russischen Foltergefängnis. Die Folge: «[Ich erinnere mich] gut an die Nacht, in der ich aufhörte, an Gott zu glauben.» Sind die hässlichen Seiten unserer Welt mit ein Grund für den Bedeutungsverlust von Gott und Kirche?
Anfang April bezeichnete der Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche den Krieg in der Ukraine als „heiligen Krieg“, als Befreiungskampf gegen einen Westen, der dem Teufel verfallen sei. Unfassbar! In der alten und leider auch neueren Kirchengeschichte gibt es viel Beschämendes. Ist die hässliche Seite der Kirchengeschichte mit ein Grund für den Bedeutungsverlust der Kirche?
Mit der Aufklärung im 18. Jahrhundert, dem Siegeszug der Naturwissenschaften und dem wachsenden Wohlstand geriet die Kirche und ihr Religionsmonopol unter Druck. Heute muss sie sich im «Markt der Religionen» und gegen unzählige Freizeitangebote behaupten. Ist unser Wohlstand mit ein Grund für den Bedeutungsverlust der Kirche?
Jammern hilft nicht. Ich kann nur versuchen, der Kirche ein freundliches, liebevolles, aufgestelltes Gesicht zu geben. Denn Kirche ist, was ich bin. Und was du bist.
Take good care!
Pfr. Harry Ratheiser